Umstrittene Bestattungsmethode: Kompostierung von Verstorbenen immer kontroverser
Im März dieses Jahres hatte der Bundesverband Deutscher Bestatter zuletzt Expertenmeinungen zur kontrovers diskutierten Methode zur Kompostierung von Verstorbenen (vom bislang einzigen Anbieter „Reerdigung“ genannt) eingeholt. Damals stand eine gerade veröffentlichte Studie der Universität Leipzig im Fokus.
Angesichts der substantiellen Kritik von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachrichtungen an der Studie, plädierten wir damals für eine breitere Forschungsdiskussion und eine entsprechende Neuaufstellung der wissenschaftlichen Begleitung des Pilotprojekts in Schleswig-Holstein.
Seitdem hat es einige Entwicklungen gegeben: Anfang Juni wurde dem kommerziellen Anbieter in einem Urteil des Landgerichts Berlin II untersagt, weiterhin von begleitenden Untersuchungen durch die Universität Leipzig zu sprechen. Zu keinem Zeitpunkt hätten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter das Verfahren tatsächlich begleitet. Auf diesen zentralen Kritikpunkt hatten auch die von uns angefragten Experten bereits im März hingewiesen.
Außerdem ist nunmehr die Patentanmeldung des Anbieters öffentlich einsehbar – und die Schilderungen in der technischen Beschreibung des Verfahrens ähneln weit mehr den Einordnungen der Kritikerinnen und Kritiker als der Selbstdarstellung des Unternehmens.

Fundierte Einordnungen von Experten
Wenn Menschen Fragen zum Thema Bestattung haben, sind die Bestatterinnen und Bestatter die ersten und kompetenten Ansprechpartner. Darum ist es unser Anspruch im Bestatterhandwerk, auf alle Fragen eine verlässliche Antwort geben zu können. Beim Thema Kompostierung ist dies schlicht nicht möglich.
Diese anhaltende Intransparenz bedauern wir sehr. Darum haben wir erneut ausgewiesene Fachleute gebeten, zum neuen Kenntnisstand rund um das Verfahren und insbesondere zum Urteil aus Berlin und zur Patentanmeldung Stellung zu nehmen. Das Ganze stellen wir unseren Mitgliedsunternehmen und der interessierten Öffentlichkeit als kostenfreie Informationsbroschüre zur Verfügung.
Ingmar-J. Montagna ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz.
Prof. Dr. sc. agr. Jörg Oldenburg ist Agrarwissenschaftler und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK zu Schwerin. Er ist geschäftsführender Gesellschafter eines Ingenieursbüros mit Sitz in Oederquart (Niedersachsen).
Prof. Dr. Dr. Tade M. Spranger lehrt an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet des Friedhofs- und Bestattungsrechts in Deutschland.
Die Ausführungen der Experten lassen für uns nur einen Schluss zu: Die fortlaufende Erprobung der Kompostierung von Verstorbenen in Schleswig-Holstein muss zeitnah durch eine tatsächliche wissenschaftliche Begleitung ergänzt werden. Diese Begleitung muss im öffentlichen Auftrag erfolgen – und am Ende muss das Verfahren der Kompostierung so transparent und verständlich sein wie eine Erdbestattung oder eine Feuerbestattung.
Sollte sich herausstellen, dass das praktizierte Verfahren dem in der nun einsehbaren Patentanmeldung beschriebenen nur annähernd ähnelt, ist die Vereinbarkeit der Kompostierung mit unserer Bestattungskultur und unserem Bestattungsrecht infrage zu stellen.
Studie der Universität Leipzig (17.01.2024)
https://link.springer.com/article/10.1007/s00194-023-00681-6
Kritische Replik der Rechtsmediziner Ondruschka, Verhoff und Püschel auf die Studie aus Leipzig (26.04.2024)
https://link.springer.com/article/10.1007/s00194-024-00697-6
Patentanmeldung der Circulum Vitae GmbH
„Verfahren und Vorrichtung zur Kompostierung von organischem Material“
Kontakt | Bundesverband Deutscher Bestatter e.V.
RA Stephan Neuser
Generalsekretär
Tel. +49 211 16008-17, E-Mail: neuser@bestatter.de
Dr. Simon J. Walter
Kulturbeauftragter
Tel. +49 211 16008-10, E-Mail: walter@bestatter.de
